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Ein unbeliebter Vater – Teil 2

Ein unbeliebter Vater – Teil 2

Viele Eltern haben über diese von der Religion geforderten Ehrerbietung eine falsche Vorstellung und denken, sie beinhalte auch die Liebe gegenüber den Eltern. Sie glauben fälschlicherweise, dass beide Werte fest miteinander verbunden und untrennbar sind. Für sie ist Ehrerbietung gleichbedeutend mit Liebe.

Hierbei handelt es sich um ein Missverständnis vieler Eltern. Richtig ist jedoch, dass Ehrerbietung und Liebe in Bedeutung, Ursprung und Form sowie in der Art des Ausdrucks völlig unterschiedlich sind. Man kann einen Menschen lieben, während man diesem gegenüber ungehorsam war. Die Frage ist: wie? Im Folgenden ein Beispiel, um die Sache zu verdeutlichen.

Es ist bekannt, dass Liebe eine der Voraussetzungen für das Glaubensbekenntnis ist. Liebt man Allâh den Allmächtigen nicht wirklich, wird man nicht als Monotheist eingestuft. Es wird sogar von einem Gläubigen verlangt, alles zu lieben, was Allâh der Allmächtige liebt, um die Bedingungen des Glaubens zu erfüllen. Wer ausdrücklich erklärt, er würde Allâh den Erhabenen oder den Propheten (möge Allâh ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) hassen, der fällt vom Glauben ab. Möge Allâh uns Zuflucht davor gewähren. Es gibt viele Muslime, die Allâh gegenüber ungehorsam sind, Seine Gebote vernachlässigen und nicht befolgen. Wir beschuldigen sie jedoch nicht, dass sie Allâh dem Allmächtigen vollkommen abgeneigt wären, denn das würde bedeuten, dass sie vom Islâm ausgeschlossen sind. Vielmehr sagen wir, dass ihr Glaube im Maße ihrer Nachlässigkeit abnimmt. Dennoch ist die Liebe zu Allâh noch in ihren Herzen.

Die Ehrerbietung ist nur eine Reihe von Verhaltensweisen, Handlungen und Moralvorstellungen, die sich in Handlungen ausdrücken und widerspiegeln. Im Gegensatz dazu ist Liebe eine Art von Gefühl und Emotion im Menschen, die durch Handlungen ausgedrückt werden kann oder auch nicht. Es ist wahr, dass Gehorsam und gütige Behandlung Zeichen der Liebe sind. Dennoch ist das Motiv hinter Gehorsam und gütiger Behandlung nicht immer Liebe, wie es die beiden oben genannten Beispiele zeigen.

Diese Regel gilt für die Beziehung zwischen Eltern und Kinder. Es gibt viele Kinder, die gütig gegenüber ihren Eltern sind, aber mit tauben Gefühlen agieren. Sie fühlen nicht das Geringste gegenüber ihren Eltern und tun nur, was ihnen befohlen wurde: Sie erfüllen lediglich ihre Pflicht, die Allâh der Allmächtige ihnen auferlegt hat.

In Wahrheit erfüllen diese Kinder ihre religiöse Pflicht in dieser Hinsicht und bewahren sich selbst vor der Strafe im Jenseits. Sie werden am Tag der Auferstehung frei von Schuld sein und ihnen wird der Ungehorsam gegenüber ihren Eltern nicht angelastet werden. Es ist wahr, dass Allâh den Kindern anordnet, ihre Eltern gütig zu behandeln. Allâh der Erhabene sagt: „Und dein Herr hat bestimmt, dass ihr nur Ihm dienen und zu den Eltern gütig sein sollt“, doch hat Er nicht befohlen, sie zu lieben. Vielmehr steht es den Kindern frei, sich um derartige Gefühle zu bemühen.

Hier ist Vorsicht geboten, die eigentlichen Widersacher im Bereich der Liebe sind nicht die Kinder, sondern die Eltern. Dies wird im Folgenden verdeutlicht.

Ist die Liebe des Kindes zu seinen Eltern angeboren oder erworben?

Ich habe bereits zu Beginn dieses Artikels erwähnt, dass eine der falschen Grundsätze, die viele Eltern in sich tragen, wie folgt ist: „Kinder lieben ihre Eltern von Natur aus.“ Diese Annahme ist völlig falsch. Wir können aber festhalten, dass Kinder von Natur aus an ihren Eltern hängen. Folglich findet ein Kind bei seinen Eltern Ruhe, Zuneigung, Ausgeglichenheit und Erholung. Gefühle der Liebe sind etwas anderes, das ein Kind im Laufe der Zeit erwirbt.

Als Beweis dafür hat Allâh der Allmächtige im Qurân den Kindern häufig befohlen, ihren Eltern gegenüber ehrerbietig zu sein. Den Eltern hingegen hat Er nicht direkt befohlen, ihren Kindern gegenüber gütig zu sein, weil die Eltern ihre Kinder von Natur aus lieben. Genau so hat man das zu verstehen. Von kleinen Ausnahmen abgesehen, lieben Eltern ihre Kinder von Natur aus und diese Art von Liebe führt sie meistens dazu, gütigen Umgang mit ihren Kindern zu pflegen. Kinder sind jedoch prinzipiell ungehorsam gegenüber ihren Eltern. Deshalb hat Allâh der Erhabene die gütige Behandlung der Eltern an vielen Stellen im Qurân bekräftigt.

Die meisten Gebote richten sich an Kinder. Diese sind angehalten, ihre Eltern gütig zu behandeln, auch wenn es Gebote für die Eltern gibt, sich um ihre Kinder zu kümmern (...) Kinder sind es, denen befohlen werden muss, eine gütige Behandlung der Eltern zu pflegen, denn dies ist die Generation, die bald fortgeht. Das liegt daran, dass Kinder meist all ihre Emotionen, Gefühle und Fürsorge auf die nächste Generation (an Kindern) richten, nicht aber auf die ältere Generation.

Falls also die Liebe des Kindes zu den Eltern erst erworben werden muss und nicht angeboren ist, wie viele glauben, so stellt sich die folgende Frage: Was trägt wesentlich dazu bei, ein Gefühl der Liebe in den Kindern gegenüber ihren Eltern zu erzeugen? Meiner Meinung nach ist der wesentliche Faktor bei der Erzeugung dieser Gefühle die Fähigkeit der Eltern, die psychologischen, geistigen und emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder zu erfüllen. Die entsprechenden Details werden in einem anderen Artikel erwähnt.

Hierzu möchte ich noch eine wichtige Angelegenheit klären: Die Eltern sind hauptsächlich für die Gefühle der Liebe und Zuneigung verantwortlich, die sie von ihren Kindern neben ihrer gütigen Behandlung und Freundlichkeit erwarten. Ob das Kind seinen Eltern gegenüber ehrerbietig ist und sie zugleich liebt oder ehrerbietig ist, sie aber nicht liebt, das hängt ausschließlich von den Eltern ab. Es kommt jedoch vor, dass ein Kind weder ehrerbietig ist, noch die Eltern liebt. Allerdings gibt es hierfür Gründe. Auf diese werde ich im nächsten Artikel eingehen, so Allâh will!

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